Ein Plädoyer für einen breit zugänglichen digitalen Schweizer Franken – mit Mehrwert für die Realwirtschaft und Miteinbezug der Bevölkerung.
Gastkommentar von Pascale Bruderer
Schaffhauser Nachrichten, 8. Februar 2024
Forum Digitalfranken
Der Wind hat gedreht. Nachdem der Begriff «digitales Geld» jahrelang der unregulierten Krypto-Ecke überlassen wurde, reagieren nun die Behörden – und zwar weltweit. Gemäss einer Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich beschäftigen sich 93 Prozent aller Zentralbanken damit, ihre Währungen künftig auch in digitaler Form herauszugeben.
Je nach Staat und dort verfügbarer Infrastruktur sind die Gründe für geplante Zentralbankwährungen unterschiedlich. Dazu gehören mehr Effizienz bei Zahlungsabwicklungen, weniger Abhängigkeit von globalen Zahlungsdienstleistern sowie verbesserte finanzielle Inklusion.
Eine verbindende Motivation ist es, den Nutzen aus technologischen Innovationen nicht im unregulierten Bereich zu lassen, sondern das eigene Angebot zu ergänzen mit einem digitalen Zahlungsmittel. Ein sehr legitimes Anliegen – sind doch Währung und Zahlungsinfrastruktur zentrale Faktoren für die Finanzstabilität sowie Souveränität von Staaten. Selbstverständlich darf diese Entwicklung nicht dazu missbraucht werden, bewährte staats- und geldpolitische Werte über Bord zu werfen.
In der Schweiz nimmt die SNB diese Verantwortung sehr umsichtig wahr. Eine Zentralbankwährung für die breite Wirtschaft und Endkundschaft will sie gemäss mehrfach bestätigter Positionierung nicht selber herausgeben. Ordnungspolitisch korrekt, sieht sie hier die Privatwirtschaft im Lead. Als Pionierin im Feld der sogenannten Wholesale CBDC (Wholesale Central Bank Digital Currency) treibt sie hingegen innovative Angebote voran, die ausschliesslich den Finanzinstituten zur Verfügung stehen. So können auf Basis einer DLT-Plattform tokenisierte Anleihen gegen digitales Zentralbankgeld abgewickelt wer- den, wie es aktuell im Rahmen des SNB- Projekts «Helvetia III» getestet wird.
Zusammengefasst erscheinen aus Schweizer Sicht folgende drei Punkte wichtig – und angesichts der internationalen Entwicklung auch dringlich:
■ Öffentliche Diskussion: Der EZB ist es mit dem geplanten digitalen Euro gelungen, eine wichtige Debatte in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Auch in der Schweiz wäre es angebracht, eine öffentliche Diskussion zu führen zu den Eckwerten, nach welchen sich ein digitaler Franken auszurichten hat.
■ Aktive Interessenvertretung: Rechtssicherheit, Regulation, Innovation, ein etablierter Finanzplatz sowie hervorragendes Ökosystem im Bereich Forschung und Entwicklung – mit diesen Stärken ist die Schweiz prädestiniert, um sich im Rahmen der globalen Dynamik in Richtung digitale Währungen erfolgreich zu positionieren. Wir haben allen Grund, uns aktiv einzubringen – basierend auf unseren liberalen Werten und mit ordnungspolitischer Besonnenheit.
■ Breiter Mehrwert: Dass die SNB die Vor- teile dezentraler Plattformen erkennt und den Finanzinstituten zugänglich macht, ist hoch erfreulich. Die dadurch ermöglichte «Lieferung-gegen-Zahlung»-Funktion hat jedoch auch grosses Potenzial für Handel und Industrie. Denn die unmittelbare Abwicklung von Zahlungen beseitigt Unsicherheiten, ermöglicht mehr Effizienz und die direkte Integration in volldigitalisierte Prozesse. Eine günstige und souveräne Zahlungsinfrastruktur wäre im Interesse der Schweizer Realwirtschaft und breiten Wertschöpfung.
Aus all diesen Überlegungen plädiere ich für einen breit zugänglichen digitalen Schweizer Franken. Unsere Realwirtschaft verdient ein reguliertes Angebot aus der Schweiz, für die Schweiz. Und unsere Bevölkerung eine offene Diskussion zu diesen äusserst spannenden Entwicklungen.
Pascale Bruderer, frühere National- und Ständerätin, hat 2022 die Swiss Stablecoin AG gegründet, die zur Herausgabe eines breit zugänglichen, regulierten digitalen Schweizer Franken beitragen will.